Artikel erschienen am 27.01.2015
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Neuere Entwicklungen in der unternehmerischen Berichterstattung

Von Univ.-Prof. Dr. Carl-Christian Freidank, Hamburg

Aufgrund der gestiegenen Informationsbedürfnisse unterschiedlicher Stakeholdergruppen gewinnt vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen i. S. d. § 264d HGB neben dem Financial Accounting, Value Reporting, Corporate Governance Reporting (CGR) und Nachhaltigkeitsreporting das Integrated Reporting in jüngerer Zeit zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund werden die genannten Berichterstattungssysteme im Folgenden dargestellt und in das Management-Reporting-System sowie die Corporate Governance börsennotierter Unternehmen eingegliedert.

Management-Reporting-System

Unter dem Begriff Management Reporting wird die zielgerichtete, systematische Informationsvermittlung über Tatsachen, Ereignisse, Zusammenhänge und Vorgänge aus der Unternehmung und seiner Umwelt an unterschiedliche Stakeholdergruppen verstanden. Je nachdem, ob sich die Informationsversorgung auf Stakeholder innerhalb oder außerhalb des Unternehmens bezieht, ist zwischen internem und externem Management Reporting zu unterscheiden. Das interne Management-Reporting-System umfasst sämtliche Prozesse des Informationsaustausches zwischen den Verwaltungsorganen (Leitungs- und Aufsichtsorgan) und/oder unternehmensinternen Institutionen wie bspw. Controlling, Interner Revision oder Compliance. Dem externen Management-Reporting-System obliegt hingegen die Aufgabe, die Informationsversorgung außenstehender Stakeholder (z. B. Investoren, Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Fiskus, Wettbewerber, Analysten, Öffentlichkeit) als Zielgruppen der Unternehmenspublizität sicherzustellen. Die Besonderheit des externen Management Reportings besteht in der Nähe zur Informationspolitik des Unternehmens, da seine Instrumente häufig von den Verwaltungsorganen dazu eingesetzt werden, vor allem auf externe Stakeholdergruppen dergestalt einzuwirken, dass ihr künftiges Verhalten mit den gesetzten Unternehmenszielen korrespondiert. Eine in diesem Sinne eingesetzte Unternehmenspu­b­li­zi­tät stellt ein zentrales Element der Investor Relations dar.

Value Reporting

Aufgrund der sich in Wissenschaft und Praxis verfestigten Auffassung, dass das im traditionellen Sinne primär vergangenheitsbezogene und im Hinblick auf die Darstellung der periodenorientierten Eigenkapitalveränderung eindimensional ausgerichtete Financial Accounting als alleinige Grundlage für rationale Entscheidungsfindungen der externen Stakeholder nicht mehr ausreicht, wurde dieses in jüngerer Zeit durch zukunftsbezogene und nicht monetäre bewertungsorientierte Informationen im Rahmen des Value Reportings ergänzt. Hierunter wird die strukturierte und regelmäßige, über das Financial Accounting hinausgehende externe Berichterstattung einer Unternehmung verstanden, die geeignet ist, Informationsasymmetrien zwischen unternehmensverwaltungsinterner und stakeholderbezogener externer Sicht zu reduzieren sowie die Ermittlung des Unternehmenswertes durch außenstehende Adressaten, insbesondere (potenzielle) Investoren, zu ermöglichen. Im Grundsatz ist das Value-Reporting-System somit darauf ausgerichtet, vorhandene Wertlücken zwischen dem im Rahmen des Financial Accountings bilanzierten Eigenkapital und dem Unternehmenswert, verstanden als Zukunftserfolgswert, durch den Einsatz ausgewählter publizitätspolitischer Instrumente zu erklären. Das Value Reporting ergänzt somit das Financial Accounting mit seinen Ausflusssystemen (Konzern-)Jahresabschluss und (Konzern-)Lagebericht um eine wertorientierte Zusatzberichterstattung und baut es zu einem umfassenden zukunftsorientierten Business Reporting aus. Im internationalen Kontext wird unter Business Reporting daher die kapitalmarktorientierte, strukturierte Informationsübermittlung an aktuelle und potenzielle Investoren durch die Verwaltungsorgane kapitalsuchender Unternehmen verstanden.

Das Value Reporting, welches aus Gründen der Systematisierung als Value Reporting im weiteren Sinne (i. w. S.) bezeichnet wird, lässt sich wiederum in CGR, Value Reporting im engeren Sinne (i. e. S.) und Nachhaltigkeitsberichterstattung untergliedern. Das Value Reporting i .e. S. beinhaltet Informationen über Zeitwerte der bilanzierten Vermögenswerte und Schulden sowie über nicht bilanzierte immaterielle Vermögenswerte, welche es den (potenziellen) Investoren ermöglichen, den Reinvermögenswert der Unternehmung zu ermitteln. Des Weiteren sind hier neben kapitalmarktorientierten Daten (z. B. Börsenkapitalisierung, Aktienrendite etc.) Prognosen und Planungen künftiger Erfolge sowie wertrelevante nicht finanzielle Informationen (z. B. Marktumfeld) offenzulegen, die externen Adressaten eine Beurteilung der Wertentwicklung des Unternehmens (Zukunftserfolgswert) erleichtern. Die Inhalte des Value Reportings i. e. S. leiten sich im Wesentlichen aus dem internen und externen Rechnungswesen ab und zeichnen sich somit durch ihren quantitativen Charakter aus.

Corporate Governance Reporting

Der Begriff CGR bezeichnet die strukturierte und regelmäßige externe Berichterstattung eines Unternehmens, die darauf abzielt, Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensverwaltung und externen Stakeholdern bez. der Führung und Überwachung des Unternehmens (Corporate Governance) abzubauen. Die Subsumierung des CGR unter das Value Reporting i. w. S. lässt sich somit aus der Zielkongruenz der Reduzierung von Informationsasymmetrien und der Berichtscharakteristik der Vermittlung wertrelevanter Informationen an den Kapitalmarkt ableiten. Die relevanten qualitativen und quantitativen Berichtsinhalte des CGR entstammen dabei sowohl dem Financial Accounting (z. B. Vergütung der Verwaltung) als auch dem Value Reporting i. w. S. (z. B. Einhaltung der Unabhängigkeit von Abschlussprüfer und Aufsichtsorgan).

Nachhaltigkeitsreporting

Als Reaktion auf den gesellschaftlichen Werte- und Normenwandel in Bezug auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen ökonomischen Handelns hat sich in den letzten Jahren die sog. Nachhaltigkeitsberichterstattung als weitere Komponente der freiwilligen wertorientierten Berichterstattung etabliert. Nachhaltigkeit wird als eine Entwicklung definiert, welche die heutigen Bedürfnisse der Gesellschaft befriedigt, ohne diejenigen der zukünftigen Generationen zu gefährden, und umfasst dabei die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales (sog. Drei-Säulen-Modell). Damit einher geht häufig ein vom Postulat des Shareholder Values abweichendes Unternehmenskonzept des sog. Stakeholder Value mit einem pluralistischen Ziel- und Wertesystem, welches das Unternehmen als Teil der Gesellschaft begreift und den Wert nach seinem Zielbeitrag für die Gesellschaft ableitet. Indem die Nutzensysteme sämtlicher Anspruchsgruppen integriert werden, wird die erbrachte Leistung eines Unternehmens folglich nicht nur nach seinem (internen) wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch nach seinem Einfluss auf das ökologische und soziale Umfeld (sog. Sustainability Performance) beurteilt. Aber auch unter dem enger gefassten Konzept des Shareholder Values trägt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zur Unternehmenswertmaximierung bei, da sie sich bez. der gestiegenen öffentlichen Bedeutung zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren entwickelt haben, die sich sowohl indirekt als auch direkt auf die Kosten- und Erlössituation des Unternehmens auswirken können. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgt dabei weitestgehend losgelöst von den Rechnungslegungsinstrumenten des Financial Accountings.

Integrated Reporting

Das Integrated Reporting führt die Informationen des Financial Accountings, CGR, des Value Reportings i. e. S. sowie des Nachhaltigkeitsreportings in teilweiser Anlehnung an das Konzept des Value Reportings nach dem Multiple-Capital-Ansatz auf übergeordneter Ebene in mehrdimensionaler Form zusammen, indem es über eine reine Informationsbündelung hinaus als weitere Dimension die Vernetzung finanzieller und nicht finanzieller Leistungsindikatoren aufzeigt und so zusätzliche, entscheidungsrelevante Informationen liefert. Mit dieser Vorgehensweise können den externen Stakeholdergruppen durch eine integrierte und verknüpfte Berichterstattung über alle wesentlichen Erfolgsfaktoren vollständigere und stärker entscheidungsrelevante Informationen zum Zwecke der Darstellung einer ganzheitlichen, gegenwärtigen und zukünftigen Wertschöpfung gezeigt und so die Kapitalmarktkommunikation gezielt erweitert werden.

Fazit

Das Integrated Reporting ist als trennscharfes Konzept zum Financial Accounting, Value Reporting i. e. S., CGR und Nachhaltigkeitsreporting zu entwickeln. Allerdings ist zu beachten, dass das interne und externe Management-Reporting-System miteinander vernetzt sind, da vor allem im Rahmen der unternehmensexternen Berichterstattung aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z. B.
§ 289 Abs. 5 HGB) oder zur Durchsetzung freiwilliger Pu-blizitätsziele (z. B. im Kontext des Value Reportings) auf die Inhalte des internen Reporting-Systems zurückgegriffen werden muss. Die Zusammenführung beider Systeme wird durch das Konzept des Management Approachs sichergestellt.

Foto: Panthermedia/Ingeborg Knol

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