Artikel erschienen am 01.02.2014
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Unternehmenszukäufe und Beteiligungen – der unterschätzte Erfolgsfaktor Personalmanagement

Von Uwe Loof, Hannover

Im globalen Wettbewerb wird es für viele deutsche Unternehmen immer wichtiger, über gezielte Unternehmenszukäufe schnell neues Wissen zu Produkten und Märkten zu erschließen. Daher ist mehr denn je eine Wertschöpfung in der Personalarbeit gefragt, die über gezielte Rekrutierungsstrategien hinausgeht und auch eine erfolgreiche Inte-gration von Unternehmenszukäufen in der Personalstrategie berücksichtigt.

M&A-Projekte nehmen zu

Cash-Summen in Rekordhöhe in den Bilanzen und wachsende Zuversicht in den Unternehmen werden laut einer aktuellen Studie in den kommenden Monaten das Wachstum des M&A-Marktes befeuern, nachdem in der Finanzkrise die M&A-Aktivitäten deutlich zurückgingen. Vor allem in von Know-how getriebenen Branchen (z. B. in der ITK- oder Life-Science-Branche) lassen die massiven Veränderungen in der Wertschöpfungskette als auch die Internationalisierung der Märkte erwarten, dass in zahlreichen mittelständischen und Großunternehmen in den kommenden Jahren regelmäßig die Integration von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen ansteht. M&A-Projekte werden dadurch zunehmend zum Tagesgeschäft. Welche Herausforderungen kommen damit auch auf Unternehmen zu?

M&A und Erfolgsfaktor Mensch

Die Finanzierung, die Markt- und die Markenstrategie sind nach klassischem Verständnis, das vor allem durch einen „Financial View“ geprägt ist, die für ein M&A-Projekt relevanten Business-Erfolgsfaktoren. Diese Business-Faktoren sind notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für den Projekterfolg. Selbst ein solide finanzierter Unternehmenszukauf wird keinen Erfolg haben, wenn der „Faktor Mensch“ nicht ausreichend beachtet wird.

Prozessoptimierungen und damit einhergehende Steigerungen der Rentabilität finden am Anfang eines Unternehmenszukaufes in der Regel nicht statt, da es zunächst bei einer M&A-Aktivität zu einer Komplexitätssteigerung kommt und damit auch die Personalkosten steigen und nicht sinken. Werden die Mitarbeiter zudem nicht „abgeholt“, droht die gekaufte Organisation in ihrer Gesamtstruktur meist nachhaltig destabilisiert zu werden. Mitarbeiter sind in dieser Zeit in ihrem Verhalten häufig gelähmt, was zu deutlichen Rückgängen in den Geschäftszahlen führt. Vielfach geht dies auch einher mit dem Verlust wichtiger Fach- und Führungskräfte, nicht zuletzt, weil landes- und unternehmensspezifische Kulturunterschiede nicht rechtzeitig und umfassend berücksichtigt werden.

Unternehmenskultur als Hindernis

Bei Fusionen und Übernahmen gehört die an den unterschiedlichen Unternehmenskulturen ausgerichtete Integration zu einem der am häufigsten unterschätzten Erfolgsfaktoren. Die Unternehmenskultur gilt bei vielen Entscheidern als weicher Faktor – hat jedoch harte Auswirkungen: Bis zu 31 % des finanziellen Erfolgs einer Organisation hängt laut aktueller Studien mit kulturellen Aspekten zusammen, etwa mit der Teamorientierung, der Mitarbeiterförderung oder der Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens.

Treffen bei einem merger unterschiedliche Landes- und/oder Unternehmenskulturen aufeinander, birgt dies Risiken. Ein gutes Beispiel dafür ist der zwischenzeitliche De-Merger von Allianz und Dresdner Bank. In der Presse wurde dies damals beispielsweise so kommentiert: „Die Crux liegt in der Unternehmenskultur. Sie ist die DNA eines jeden Wirtschaftsbetriebs. Das Erbgut von Allianz und Dresdner Bank passte nicht zusammen …“. Gegenseitiges Unverständnis zwischen den Mitarbeitern der „Beraterbank“ und den Vertriebsmitarbeitern der Versicherung haben die Schaffung eines Gemeinschaftsgefühls verhindert. Über das Gelingen oder Nichtgelingen einer M&A-Transaktion entscheidet neben der strategischen Logik und einem strukturierten Prozess in den meisten Fällen daher eine frühzeitig geplante Post-Merger-Integration, in der vor allem der Personalarbeit eine entscheidende Rolle zukommt.

Personalarbeit im M&A-Prozess: Je früher desto besser!

Obwohl die Personalabteilung fast immer an M&A-Prozessen beteiligt ist – z. B. um die zahlreichen Fragen rund um Mitbestimmung und Arbeitsrecht zu klären – nutzen viele Unternehmen immer noch nicht ausreichend die Vorteile der Personalfunktion bei der Realisierung der finanziellen und operativen Ziele über den gesamten Verlauf eines Unternehmenszukaufes.

Die sorgfältige Prüfung und Harmonisierung der Personalressourcen und Personalinstrumente sind dabei zweifelsohne die ersten wichtigen Voraussetzungen in der Phase der Due Dilligence, die zum Gelingen einer Integration des Unternehmenszukaufes beitragen. Im Kern geht es um die Erfassung aller wichtigen Personaldaten, wie z. B. die Anzahl der Mitarbeiter, die Entgelte und Qualifikationen bis hin zu den Pensionszahlungen, um die vorhandenen Ressourcen und die damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten zu beschreiben. Zudem soll die HR-Due-Diligence aufzeigen, wo Angleichungen unterschiedlicher Ablauf- und Aufbauorganisationen sowie zentraler und dezentraler Organisationen nötig sind und welche Bereiche bzw. Abteilungen integriert werden müssen. Sie schafft die Datenbasis für die erforderliche Integration der Personalressourcen der beteiligten Unternehmen sowie die künftige Steuerung, den Einsatz und die Entwicklung der Personalressourcen.

Dafür ist es erforderlich, dass der Personalbereich sich so früh wie möglich und aktiv in die Vorbereitungen und Ausgestaltung des M&A-Projektes einbindet und in den Steuerungsgremien über alle Projektphasen aktiv vertreten ist. Nur so können die Personalaspekte bereits bei der Entwicklung der M&A-Strategie und in internationalen M&A-Projekten deren landesspezifischen Besonderheiten (z. B. Arbeitsrecht, Gewerkschaften und kulturelle Besonderheiten) frühzeitig und ausreichend berücksichtigt werden.

Know-how sichern

Die Know-how-Träger auf beiden Seiten des Mergers sind frühzeitig in einen gezielten Kommunikationsprozess einzubinden, wenn das Zusammenwachsen gelingen soll. Im Rahmen dieses wichtigen Prozesses kann den Beschäftigten Klarheit darüber verschafft werden, welche zukünftige Rolle sie selbst sowie ihre Bereiche und/oder ihre Abteilungen im neu entstandenen Unternehmen einnehmen werden. Außerdem gilt es, über die Schritte der Umstrukturierung /Zusammenlegung der für diese Personen relevanten Bereiche und /oder Abteilungen rechtzeitig zu informieren wie auch über zukünftige Anforderungen an Funktionen und Personen.

Die Auseinandersetzung mit dem Nutzen und den Zielen der Integration führt auch zu der passenden Integrationsstrategie: Wo sind die Schwerpunkte der Integration, welche Handlungsfelder sind erfolgskritisch, mit welcher Geschwindigkeit sollte integriert werden, wie stark ist das „peoples involvement“, welcher methodische Ansatz (z. B. Bottom-up oder Top-down oder Hybrid) erzielt den höchsten Wirkungsgrad? Erfahrungen zeigen, dass sowohl das Management von Käufer als auch Verkäufer aktiv in diesen wichtigen Prozess involviert sein sollte.

Im Rahmen der Integrationsplanung hat der Personalbereich auch seine eigene Rolle zu definieren, denn neben der Unterstützungsfunktion in der Post-Merger-Integration muss parallel die Personalfunktion des zugekauften Unternehmens integriert werden. Diese Doppelaufgabe erfordert eine hohes Maß an Professionalität und operativ eine frühzeitige Entscheidung, wann die HR-Organisation zusammengeführt (zuerst oder zuletzt) werden soll. In vielen Fällen ist es daher ratsam, für diesen sensiblen Prozess temporär auf externes Know-how zurückzugreifen.

Insgesamt wird es für international wachsende Unternehmen in Zukunft unerlässlich sein, im Personalbereich neben einem klaren Prozessmodell für die Integration von Unternehmenszukäufen auch über ausreichende Mitarbeiterkapazitäten mit M&A-Know-how und das erforderliche Toolset zu verfügen.

Handlungsempfehlungen

  1. Strategie für Integration zügig festlegen.
  2. Gemeinsamkeiten/Risiken in Strukturen bzw. Prozessen analysieren.
  3. Professionelles Projekt-management aufbauen.
  4. Sinn und Ziele der Transaktion früh intern kommunizieren.
  5. Eine schnelle Zusammenarbeit etablieren.
  6. Möglichkeiten von Social- Media-Tools für Vernetzungen nutzen.
  7. Regelmäßig Feedback bei Schlüsselmitarbeitern und -kunden einholen.
  8. Genügend Ressourcen für die Umsetzung einplanen.
  9. Kennzahlen für den Umsetzungserfolg definieren.
  10. Für die Kulturentwicklung Zeit nehmen.

Foto: panthermedia/blueximages

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