Artikel erschienen am 01.02.2014
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Schlichten statt richten!?

Von Kaarina Hauer, Hamburg | Dr. iur. Jens-Christian Posselt, Hamburg

Immer wenn Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Menschen, Gruppen, Organisationen oder gar Staaten aufeinandertreffen und nicht miteinander vereinbar sind oder scheinen, sprechen wir von einem Konflikt. Die Frage ist nur, wie gehen wir damit um?

Die sicher prominenteste Äußerung dazu stammt vom Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2007: „Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung.“ Im Streitfall der Elbphilharmonie kam aus der Wirtschaft die Anregung, der Konflikt möge ohne Einschaltung der Gerichte z. B. im Wege einer Mediation gelöst werden. Dieses „Streitschlichtungstool“ wird im Ausland schon länger praktiziert; seit 2012 regelt das Mediationsgesetz auch bei uns erstmals die Mediation als „ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben“.

Doch was unterscheidet die Mediation vom normalen Vergleichsgespräch? Mediation ist im Kern eine Verhandlung. Sie ist freiwillig und die Parteien erarbeiten ihre Lösung selbst. Das Besondere am Mediationsverfahren und der bedeutende Unterschied zu einem Vergleichsgespräch ist, dass die Interessen jeder Partei herausgearbeitet werden. Beispiele erfolgreicher Mediationen finden sich auf der Homepage der Hamburger Handelskammer unter www.hk24.de.

Die wesentlichen Vorteile der Mediation sind die Freiwilligkeit und die Selbstbestimmtheit, die Schnelligkeit und Vertraulichkeit des Verfahrens sowie eine hohe Erfolgsquote. Diese liegt bei ca. 70 – 80 % aller eingeleiteten Mediationsverfahren. Darüber hinaus haben Untersuchungen festgestellt, dass die Mediationsvergleiche beständig sind und die von den Parteien erarbeiteten Lösungen nachhaltig wirken. Von besonderem Interesse dürften für Kaufleute die vergleichsweise geringen Kosten eines Mediationsverfahrens sein.

Das Mediationsgesetz stellt darauf ab, dass bereits entstandene Konflikte gelöst werden sollen. Bevor es zu einer Mediation kommt, haben die Parteien häufig einen leidvollen Weg zunehmender Eskalation ihres Konfliktes hinter sich. Nehmen wir das Mobbing als einen Sonderfall der Konflikteskalation. Die wirtschaftlichen Folgen lassen sich beziffern: Unsere Unternehmen tragen einen Schaden wegen Mobbings von ca. 15 Mrd. Euro jährlich, weitere geschätzte 15 Mrd. Euro trägt unsere Sozialversicherung. Diese Kosten können eingespart werden, wenn frühzeitig ein Konfliktmanagementsystem eingeführt wird: Prävention von Konflikten, proaktiver Umgang mit Konflikten und organisatorische Verankerung des Systems in den Unternehmen.

Ein erster Schritt, die Konfliktkultur zu verbessern, könnte auch die Selbstverpflichtung sein, sich bei Konflikten zunächst um eine einvernehmliche Regelung zu bemühen. Aus diesem Grund haben einige Unternehmen einen „Conflict Codex“ unterzeichnet, in dem sich die Unterzeichner (lediglich) verpflichten, eine Mediation „ernsthaft in Betracht zu ziehen“.

Und wie sieht die Zukunft der Mediation aus? Im Ausland ist die Mediation bereits ein fester Bestandteil der
Konfliktlösung. In Deutschland hingegen ist die Mediation bisher nur bei Großkonzernen in der geläufigen Praxis angekommen. Im Mittelstand läuft sie bisher schleppend, aber doch kontinuierlich an. Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Mediation – nicht zuletzt aufgrund ihrer überwiegenden Vorteile – zwar langsam, aber sicher ihren Einzug auch im Mittelstand halten wird.

Fotos: panthermedia/Roland Maier

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