Artikel erschienen am 26.10.2015
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Stiftungen als Träger bürgerschaftlichen Engagements

Von Dr. rer. pol. Jürgen Fox, Halle (Saale

Freiwilliges bürgerschaftliches Engagement bereichert unser aller Leben, gleichwohl ist auch bei größtem persönlichen Engagement i. d. R. ein finan­zielles Fundament erforderlich. Mit dem wachsenden Raum für bürgerliches Engagement nimmt daher die Bedeutung von Stiftungen zu. Deren Ziel besteht entweder darin, ein dem Stifter am Herzen liegendes Themenfeld möglichst dauerhaft aktiv zu halten oder aber einem übergeordneten Themengebiet ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen, damit diesem zuzurechnende Projekte gefördert werden können.

Trends im deutschen Stiftungswesen

Während die ersten Stiftungen überwiegend sozialen Anliegen gewidmet waren, sind Stiftungen mittlerweile in vielen Bereichen der Gesellschaft tätig. Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur sind mittlerweile schon als etablierte Betätigungsfelder von Stiftungen zu nennen. Aktuelle gesellschaftliche Themen finden ihren Niederschlag in Stiftungen, die den Umweltschutz, die Suche nach einer neuen Energiepolitik oder auch die Förderung der Integration und des lebendigen Miteinanders verschiedener Kulturen zum Gegenstand haben.

Erfreulich positiv entwickelt sich das noch junge Segment der Bürgerstiftungen. Heute existieren über 250 Bürgerstiftungen in Deutschland. Mittlerweile gibt es rund 16 000 Stifterinnen und Stifter, die sich mit ihrem – meist überschaubaren – Beitrag zum Stiftungskapital in eine Bürgerstiftung vor Ort einbringen. Damit ist die Gruppe der Stifter in Bürgerstiftungen die größte lebende Stiftergruppe überhaupt. Das dynamische Wachstum der Bürgerstiftungen ist ungebrochen. Das Wachstum der Finanzkraft bestehender – heute meist kleiner – Bürgerstiftungen könnte mittelfristig zu einer wichtigen Finanzierungsquelle bürgerschaftlicher Aktivitäten auf kommunaler Ebene werden.

Noch stärker gewachsen ist in den letzten zwei Jahrzehnten die Zahl der Sparkassenstiftungen sowie sonstiger Unternehmensstiftungen.

Während Stiftungen von Personen früher meist erst mit dem Testament gegründet wurden, ist die deutsche Stiftungslandschaft heutzutage von aktiven Stiftern geprägt. Letztere gründen ihre Stiftung zu Lebzeiten und haben damit die Möglichkeit und das Vergnügen, sich persönlich für das Gelingen der guten Sache einzusetzen. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis der StifterStudie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2005. Eine andere besteht darin, dass die verbreitete Annahme, derzufolge nur äußerst reiche Menschen eine Stiftung ins Leben rufen, so nicht uneingeschränkt zutrifft. Demnach gab 1/5 der Stifter an, über ein Gesamthaushaltsvermögen von weniger als 250 000 Euro zu verfügen. Knapp 3/4 der Stifter beschränken sich nicht auf die Rolle des Geldgebers, sondern engagieren sich nach eigener Einschätzung stark in ihrer Stiftung.

Was ist bei der Errichtung einer Stiftung zu beachten?

Zunächst einmal gilt es, den Rechtsrahmen zu definieren und zu erfassen. Am weitesten verbreitet ist die Stiftung nach bürgerlichem Recht (BGB-Stiftung). In der Praxis sind die BGB-Stiftungen fast ausschließlich gemeinnützig. Alle Stiftungen sind ein rechtlich verselbstständigtes Sondervermögen, das auf Dauer für einen bestimmten Zweck und durch den Willen des Stifters gewidmet ist. In der Stiftung gibt es keine „Gesellschafter“, vielmehr gehört die Stiftung sich selbst, und das auf Ewigkeit. Einfluss kann der Stifter nach Errichtung nur über die Besetzung der Stiftungsorgane nehmen. Für jede Stiftung gilt ferner der Grundsatz der Vermögensstockerhaltung. Für die Stiftungszwecke steht also oft nur der Ertrag des Stiftungskapitals (abzüglich Verwaltungskosten) zur Verfügung.

Mittels des Stiftungsgeschäft genannten Rechtsakts wird eine Stiftung begründet. Hierbei handelt es sich um das schriftliche Versprechen, ein wertmäßig bestimmtes Vermögen auf die künftige Stiftung zu übertragen. Eine Beurkundungspflicht durch den Notar gibt es grundsätzlich nicht, es sei denn, die Stiftung wird mit Grundstücken oder GmbH-Anteilen ausgestattet. Die Stiftungssatzung sollte ausdrücklich als Anlage und Bestandteil des Stiftungsgeschäftes beigefügt sein. Im Stiftungsgeschäft benennt der Stifter oft schon die Mitglieder des Stiftungsvorstandes und Stiftungsrates (oft werden deren Annahmeerklärungen bereits als Anlage beigefügt).

Nicht selten wird die Möglichkeit einer „Anstiftung“ genutzt. Der Stifter stattet zu Lebzeiten die Stiftung mit einem „Anfangskapital“ aus. Im Folgezeitraum beeinflusst und beobachtet der Stifter, ggf. als Vorsitzender im Stiftungsvorstand, das Gedeihen der Stiftung. Ist der Stifter von der Stiftung „überzeugt“, wird er später das Stiftungsvermögen durch eine Zustiftung aufstocken. Interessant ist auch die Stiftung auf den Todesfall. In einer letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) ist das Stiftungsgeschäft dann enthalten, ferner die künftige Stiftungssatzung. Wegen der erheblichen rechtlichen und steuerlichen Probleme ist hier zwingend spezialisierter Rat einzuholen.

Die Stiftungssatzung ist das „Grundgesetz“ der Stiftung, sie ist kaum noch abänderbar – dies gilt insbesondere für den Stiftungszweck. Bei der Abfassung muss sich der Stifter also tiefgehende Gedanken machen. Letztlich ist es der in der Stiftungssatzung dokumentierte Stifterwille, der bei allen zukünftigen Entscheidungen (auch denen der Finanzverwaltung und Stiftungsaufsicht) maßgeblich ist.

Erforderlich ist auf jeden Fall die Anerkennung durch die jeweilige Stiftungsbehörde. Auf Antrag, dem das Stiftungsgeschäft, die Stiftungssatzung und sonstige wesentliche Unterlagen beizufügen sind, prüft die Stiftungsbehörde, ob die Stiftung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Fazit

Für denjenigen, der sich mit dem Gedanken trägt, eine Stiftung zu gründen, empfiehlt es sich auf alle Fälle, den Rat von Experten einzuholen. Wem nun der mit der Gründung und der Aufrechterhaltung einer Stiftung verbundene Aufwand zu groß erscheint, für den ist es auch überlegenswert, seine finanziellen Mittel einer bereits bestehenden Stiftung zukommen zu lassen. Voraussetzung ist hierbei natürlich, dass die betreffende Stiftung für solche Zustiftungen offen ist und vor allem ein Interessengleichklang zwischen dem Stiftungszweck und den Intentionen des Zustifters besteht. Die letztgenannte Option steht selbstverständlich auch den Personen offen, die zu der Auffassung gelangen, dass die ihnen für den Aufbau einer Stiftung zur Verfügung stehenden Mittel für den Aufbau einer eigenen Stiftung nicht ausreichen.

Auf alle Fälle gilt festzuhalten, dass Stifter durch ihr bürgerschaftliches Engagement eine wesentliche Bereicherung unserer Gesellschaft darstellen und unser aller Dank verdienen.

Bild: Panthermedia/MaleWitch

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