Artikel erschienen am 22.10.2015
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Chancen und Risiken einer Unternehmensübergabe aus Sicht einer Bank

Die Situation der Unternehmensnachfolge am Beispiel Sachsen-Anhalt

Von Leif Raszat, Halle (Saale

Die Unternehmensnachfolge ist ein viel beschriebenes Thema in jeglichen Fachzeitschriften. Dabei zeigen sich viele Facetten, die im Nachfolgenden nicht alle vollumfänglich beschrieben werden können.

In vielen Fällen wird das Thema trotz der zahlreichen Ratgeber und Veröffentlichungen in der täglichen Praxis oft unterschätzt. Laut Institut für Mittelstandsforschung (IfM) suchen z. B. allein in Sachsen-Anhalt 2 700 mittelständische Familienunternehmen bis 2018 einen Nachfolger.

Die Ursachen für die hohe Anzahl an Nachfolgeregelungen liegen in der historischen Entwicklung in Ostdeutschland begründet.

Viele Unternehmer haben sich nach der deutschen Einheit für die Selbstständigkeit entschieden. Sie konnten damit der Arbeitslosigkeit entgehen. Sie haben in den letzten 25 Jahren Unternehmen aufgebaut und vielen Menschen damit eine sichere Zukunft ermöglicht.

Was nach der deutschen Einheit volkswirtschaftlich ein Segen für Ostdeutschland war, könnte 25 Jahre danach zu einem ernsthaften Problem werden. Denn einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau zufolge finden in der Region Halle 55 % der Unternehmer keinen Nachfolger. Dabei zeigen die Ergebnisse nicht nur ein ostdeutsches Phänomen, sondern sie können auf Gesamtdeutschland ausgeweitet werden. Nach Hochrechnungen des IfM steht für den Zeitraum 2014 bis 2018 in ca. 135 000 Unternehmen die Suche nach einem Nachfolger an.

Verschärfend wirkt dabei die demografische Entwicklung. Sie bewirkt für viele Mittelständler eine Reduzierung des Kundenbestandes, was wiederum für viele Nachfolger die Erfolgsaussichten schmälert.

Die Unternehmensnachfolge aus Sicht des Übergebenden

In der Regel weisen Kreditinstitute ihre Kunden frühzeitig auf die Notwendigkeit, einen qualifizierten Nachfolger zu finden, hin. Besteht aus Sicht des Kreditinstitutes eine ungelöste Nachfolge, ist es möglich, dass die Bank aufgrund einer Ratingabstufung höhere Kreditkonditionen verlangt. Im ungünstigsten Fall kann es dazu führen, dass Banken und Sparkassen den Kredit verweigern, da eine Fortführung des Unternehmens als kritisch einzustufen ist.

In beiden dargestellten Szenarien wird deutlich, dass bei Ratingverfahren in Banken und Sparkassen die Nachfolgeregelung eine wichtige Rolle spielt.

Allgemein wird für den gesamten Prozess der Unternehmensübergabe ein Zeitraum von 5 Jahren geplant. Als Autor kann ich diesen Zeitraum aus der täglichen Bankenpraxis nur bestätigen. Als Unternehmensübergebender ist dabei zu beachten, dass im Unternehmen einige Vorarbeiten zu tätigen sind. Mithilfe von Steuerberatern, Kammern, Unternehmensberatern und Firmenkundenberatern der finanzierenden Bank sollte das zu übergebende Unternehmen durchleuchtet und für einen Erwerber dementsprechend attraktiv gemacht werden.

Dabei sollten folgende Fragen beantwortet werden können:

  • Zu welchem Zeitpunkt möchte ich übergeben?
  • Wer sollte der Nachfolger sein – eigene Familie oder Fremdeinstieg?
  • Wie hoch sollte der Preis sein?
  • Ist meine Altersvorsorge gesichert und in welcher Form?
  • Können Darlehen, Kontokorrentlinien usw. mit übernommen werden?
  • Müssen Vorfälligkeitsentschädigungen gezahlt werden?

Das sind nur einige Fragen, die im Vorfeld einer Übergabe zu bedenken sind. Dabei möchte ich gar nicht auf die Vielzahl der Fragen, die sich aus Erbansprüchen und den steuerrechtlichen Problemstellungen ergeben, eingehen.

Als Resümee ist festzuhalten, dass eine erfolgreiche Regelung der Nachfolge bei Banken und Sparkassen die Ratingnote stark verbessert und dadurch die Kreditkonditionen sinken. Aber vor allem für den Unternehmer kann sich bei umfassender Vorbereitung die Chance ergeben, besonders unter dem Blickwinkel der demografischen Entwicklung, einen Nachfolger zu finden. Da eine Schließung die letzte und wirtschaftlich ungünstigste Alternative ist, sollte sie unbedingt vermieden werden. Damit einhergehend ist oft zu beobachten, dass es dadurch zu hohen Abstrichen bei der jeweiligen Altersvorsorge kommt. Die lang ersehnten Träume eines Pensionärs, der viele Jahre nur für das Unternehmen gearbeitet hat, zerplatzen dann oft wie Seifenblasen.

Die Unternehmensnachfolge aus Sicht des Nachfolgers
Die Anforderungen einer Bank an einen Nachfolger sind sehr vielschichtig. Bei der Prüfung, ob ein Nachfolger geeignet ist, spielen die persönlichen, fachlichen und unternehmerischen Voraussetzungen eine Rolle. Persönlich wird u. a. auf Kreativität, Motivation und analytische Fähigkeiten Wert gelegt. Fachlich sind Führungserfahrung, kaufmännische Kenntnisse bzw. Branchenkenntnisse gefragt. Unternehmerisch geht es eher in die Richtung Durchsetzungsstärke, Flexibilität und Überzeugungskraft.

Neben den genannten Voraussetzungen spielt aus Bankensicht das Übernahmekonzept eine entscheidende Rolle. Das Konzept sollte für 3 bis 5 Jahre eine Ertragsvorschau, eine Liquiditätsplanung und einen Investitionsplan enthalten.

Folgende Hinweise sollten unbedingt beachtet werden:

  • Die Planungen sind auf der Basis der tatsächlichen Ist-Werte des Unternehmens aufzubauen.
  • Änderungen sind für einen externen Leser nachvollziehbar und plausibel zu erläutern.
  • In der Regel sollte eine Best-worst-case-Planung erstellt werden.
  • Annahmen in den Planungen müssen explizit hervorgehoben werden.
  • Die Planungen sollten fehlerfrei und genau sein.
  • Planungen sind nicht zu optimistisch zu gestalten.

Neben einem gut vorbereiteten Konzept ist es natürlich notwendig, sein Konzept dem Investor, i. d. R. der finanzierenden Bank oder Sparkasse, vorzustellen. Dementsprechend ist es notwendig, seine Unterlagen gut aufbereitet, selbstsicher und beharrlich zu präsentieren.

Entscheidender Punkt bei den Verhandlungen mit der Bank ist der Preis, zu welchem man das Unternehmen als Nachfolger übernehmen möchte. Es ist oft festzustellen, dass der Übergebende bzw. der Verkäufer einen viel zu hohen Preis erwartet. Dagegen kann für den Erwerber nur ein Kaufpreis akzeptabel sein, der auf einer zukünftigen Umsatz- und Ertragssituation basiert. Dafür sollte vom Erwerber unbedingt ein vom Verkäufer unabhängiger Steuerberater in die Ermittlung des Kaufpreises einbezogen werden. Als Grundsatz dabei gilt, dass die Finanzierung des Kaufpreises aus dem Unternehmen allein tragbar sein sollte. Ein Risikoabschlag auf den zukünftigen Umsatz ist dabei zu be­rücksichtigen. Ebenso sind volkswirtschaftliche Rahmendaten wie die demografische Entwicklung, die Zukunftsaussichten der Branche und der Wettbewerb, intensiv zu betrachten.

Nachdem der Kaufpreis feststeht, ist eine Entscheidung über die Wahl der Finanzierungsform zu treffen. Dabei ist eine Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdkapital vorzunehmen. Ein hohes Eigenkapital führt zu einer besseren Ratingnote und damit zu geringeren Kreditkonditionen, was wiederum die Finanzierungskosten senkt. Des Weiteren erhöht ein hoher Anteil des Eigenkapitals insgesamt die Finanzierungschancen.

Bei der Aufstellung der Finanzierungsstruktur sollte von Anfang an der Berater der finanzierenden Bank intensiv miteinbezogen werden. Somit ist gewährleistet, dass die zahlreichen Förderprogramme in der Finanzierung berücksichtigt werden. Dabei bildet die Förderdatenbank des Bundes einen vollen und aktuellen Überblick über alle Förderprogramme des Bundes, der Länder und auch der Europäischen Union.

Bei der Aufstellung der Finanzierung sind oft Mängel festzustellen, die im Nachhinein zu hohen finanziellen Belastungen oder gar zum Scheitern führen.

Hier sind aus Sicht eines Kreditinstitutes folgende Punkte zu nennen:

  • zu wenig Eigenkapital
  • hohe Lieferantenverbindlichkeiten werden übersehen
  • mangelhafte Planung des Kapitalbedarfes
  • Verwendung von Kontokorrentkrediten zur Investitionsfinanzierung
  • öffentliche Mittel falsch oder nicht beantragt
  • zeitliche Umsatzschwankungen nicht ausreichend berücksichtigt
  • zeitnahe Ersatzinvestitionen außer Acht gelassen.

Als Resümee ist für den jeweiligen Nachfolger festzuhalten, dass aus Praxissicht bei dem gesamten Prozess der Unternehmensübernahme der Einbezug von Fachberatern eine unbedingte Voraussetzung darstellt.

Fazit

Der Unabhängigkeit von Beratern des Übergebenden ist ein hoher Stellenwert beizumessen.

Unterstützen können Seminare und Schulungen für Existenzgründer. Die vorgenannten aus der Praxis abgeleiteten Erfahrungen und Hinweise sollen als Hilfestellung dienen, um die anstehenden Aufgaben einer Unternehmensnachfolge erfolgreich meistern zu können. Gesamtwirtschaftliches Ziel aller Beteiligten ist es, eine große Anzahl von erfolgreichen Unternehmensübergaben zu ermöglichen, um damit einen hohen Bestand an Arbeitsplätzen und eine wirtschaftliche Prosperität in der jeweiligen Region zu sichern. Die Ausführungen sollten weiter dazu dienen, dass bei ausreichend Zeit für Übergeber und Nachfolger, bei Einbeziehung von Experten und bei Vermeidung von häufigen Übergabefehlern einer erfolgreichen Unternehmensübergabe bei jeglicher Individualität nichts im Wege steht.

Es wäre für die Zukunft wünschenswert, dass sich viele Nachfolger finden, die den Weg beschreiten wollen.

Foto: Panthermedia/leeser

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