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Der Führungskreis als Chance der innerbetrieblichen Nachfolge

Von Dipl.-Kfm. (FH) Andreas Tieftrunk, Braunschweig | Sven Schmidtmann, Magdeburg

Der Wirtschaftsingenieur Richard Vogel ist geschäftsführender Gesellschafter eines mittelständischen Unternehmens. Die Vogel Maschinenbau GmbH ist spezialisiert auf den Bau von Dampfmaschinen und hat sich zu einem der Marktführer in Deutschland entwickelt. Seit der Gründung im Jahr 1993 ist die Zahl der Mitarbeiter kontinuierlich gewachsen und der Erfolg hat sich verstetigt. Das Unternehmen beschäftigt 39 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 2,7 Mio. Euro. Durch die langjährige Bindung und ausgezeichnete Qualifizierung der Mitarbeiter verfügt das Unternehmen über eine breite Expertise im Bereich der Thermodynamik.

Die Vogel Maschinenbau GmbH feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Firmenjubiläum. Seit längerer Zeit spielt Vogel schon mit dem Gedanken, das Unternehmen an einen Nachfolger zu übergeben. Mit seinen 52 Jahren fühlt sich der Unternehmer zwar noch fit, jedoch plant er perspektivisch den Rückzug aus dem operativen Geschäft.

Aufgrund des fehlenden Interesses seiner Kinder an der Fortführung des Unternehmens beschäftigt sich Vogel nun mit der Frage der erfolgreichen Übergabe seines Lebenswerks in neue Hände. Doch wo findet er einen geeigneten Nachfolger, der in seine Fußstapfen treten kann? Die Ideallösung wäre für ihn eine Übergabe in langjährig vertraute Hände, die das Unternehmen langfristig weiterführen und das Know-how ausbauen möchten.

Mit dem Gedanken zur Sicherung der Unternehmensnachfolge tragen sich in Deutschland gegenwärtig zahlreiche Unternehmer. Eine aktuelle Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie belegt, dass sich in Deutschland jährlich 22 000 Unternehmen mit der Notwendigkeit einer Nachfolgeregelung befassen. Davon stehen über ein Drittel der Unternehmen vor der Herausforderung, einen geeigneten Nachfolger zu finden, insbesondere außerhalb des eigenen Familienkreises.

Doch wie identifizieren Unternehmer geeignete Nachfolger im eigenen Unternehmen? Wie kristallisieren sich geeignete Führungskräfte heraus? Wie kann Vogel seine Mitarbeiter auf die neue Rolle der Führungskraft vorbereiten und dafür qualifizieren? Welche Aufgaben ergeben sich daraus und wie können diese im Sinne der strategischen Personalentwicklung gelöst werden?

1. Herausforderung

Eine Vielzahl von Gesprächen mit befreundeten Unternehmern vermittelte Vogel zunächst den Eindruck, dass es für das Thema Unternehmensnachfolge grundlegend nur zwei Handlungsoptionen gibt: die Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie oder die externe Nachfolge durch Verkauf des Unternehmens. Beide Handlungsoptionen stimmen den Unternehmer Vogel unzufrieden.

Ein paar Tage später beim Fußballspielen trifft Vogel auf seinen Unternehmerfreund Bernd Heise. Heise ist selbst Geschäftsführer eines Autohauses und berichtet ihm von der erfolgreichen Unternehmensnachfolge einer benachbarten Autohauskette. Das Management der Autohauskette Stark hatte sich im Vorfeld Unterstützung von Spezialisten gesucht und sich die verschiedenen strategischen Handlungsoptionen einer Nachfolge aufzeigen lassen. Darunter fielen neben den klassischen Formen der Unternehmensnachfolge auch weitere Lösungsansätze zur Übertragung eines Unternehmens, beispielsweise durch die Errichtung eines internen Führungskreises mit Beteiligung der Mitarbeiter.

Jetzt wird Vogel aufmerksam und will mehr darüber wissen. Bernd Heise schlägt vor, den Kontakt zur Autohauskette Stark herzustellen und sich im kleinen Kreise auszutauschen.

Bald darauf treffen sich die Unternehmer beim regionalen Unternehmerstammtisch. Von der Autohauskette Stark sind der Geschäftsführer Helmut Stark und der Verkaufsleiter Jens Sommerfeld vertreten. Die Unternehmer berichten Vogel von der Umsetzung der internen Nachfolge und den Erfahrungen, die sie im Laufe des siebenmonatigen Prozesses gesammelt haben.

Planmäßig soll die Autohauskette Stark in den nächsten fünf Jahren an das jetzige Führungsteam der einzelnen Autohäuser übertragen werden. Der Geschäftsführer Stark hat seit einiger Zeit gesundheitliche Probleme und möchte sich daher sukzessive aus dem operativen Tagesgeschäft zurückziehen. In enger Zusammenarbeit mit Spezialisten wurde ein Nachfolgekonzept für die Autohauskette erarbeitet.

Konkret soll durch die Errichtung eines Führungsteams, bestehend aus Führungskreis und Beirat, der Geschäftsführer mittelfristig durch mehrere Personen ersetzt werden.

Weiterhin informieren Stark und Sommerfeld über die anfänglichen Herausforderungen, die eine Unternehmensnachfolge mit sich bringt. Beginnend mit der Frage einer langfristigen Strategie, der Meilensteinplanung, der Kommunikation nach innen und nach außen sowie der juristischen und steuerlichen Gestaltung dieses Nachfolgeprozesses. Für die Umsetzung und Betreuung des Vorhabens hatte das Management entsprechende Berater beauftragt.

Im Rahmen dieser Unterhaltung wird Vogel deutlich, dass er strategisch auf eine innerbetriebliche Übernahme durch seine eigenen Mitarbeiter setzen kann. Vogel hat bereits erste Ideen und bringt diese zu Papier.

2. Lösungsansatz

Nach ersten Gesprächen mit seinem Prokuristen und langjährigen Mitarbeiter Heiko Barthels wird Vogel klar, dass dieser durchaus interessiert wäre, perspektivisch Vogels Nachfolge im Unternehmen anzutreten. Herr Vogel skizziert seinem Mitarbeiter das Vorhaben und die Idee der Errichtung eines Führungsteams als ersten Schritt der innerbetrieblichen Nachfolgeregelung der Vogel Maschinenbau GmbH.

Als Zielsetzung der Nachfolgeregelung stehen die Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens sowie der Transfer des langjährig entwickelten Know-hows im Vordergrund. Weiterhin sollen jene Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden und beteiligt werden, die seit Jahren herausragend zum Unternehmenserfolg beitragen.

In Anlehnung an die Erfolgsgeschichte der Autohauskette Stark plant Vogel daher die Etablierung eines Führungskreises als zweite Führungsebene zur Unterstützung der Geschäftsleitung. Dieser Führungskreis, bestehend aus dem kaufmännischen, dem vertrieblichen und dem technischen Leiter, soll perspektivisch in fünf bis zehn Jahren die gleichberechtigte Geschäftsführung der Vogel Maschinenbau GmbH bilden. In Ergänzung dazu soll ein Beirat geschaffen werden, der dem Führungskreis als kritischer Sparringspartner zur Verfügung steht. Insbesondere in Bezug auf die Überwachung der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des Unternehmens und die Fortentwicklung der langfristigen Unternehmensstrategie soll er aktiv unterstützen.

Für die Aufbereitung und Umsetzung des Konzeptes der Unternehmensnachfolge plant Richard Vogel, sich von Spezialisten juristisch, steuerlich und betriebswirtschaftlich beraten zu lassen. In enger Zusammenarbeit mit den Beratern werden erforderliche Dokumente konzeptioniert, beispielsweise ein Unternehmertestament, ein Notfallkoffer für Sondersituationen sowie mögliche Beteiligungsmodelle für Mitarbeiter und das Management.

Im Hinblick auf bevorstehende Finanzierungsvorhaben für die weitere Zukunft beabsichtigt Vogel ebenfalls, das Konzept beim nächsten Gesprächstermin seiner Hausbank vorzustellen.

Ist-Analyse

Zunächst plant Unternehmer Vogel jedoch mit einer umfassenden Ist-Analyse seines Unternehmens und der Organisationsstrukturen zu beginnen, um die Stärken und Schwächen sowie die sich daraus ergebenden Chancen und Risiken herauszustellen. Auch die Identifikation aktueller sowie zukünftiger Herausforderungen der Vogel Maschinenbau GmbH stellt einen wichtigen Bestandteil dieser Analyse dar. Wesentliche weitere Ergebnisse der Analyse sind u. a. die Darstellung der innerbetrieblichen Organisationsstrukturen, die ausführliche Dokumentation des unternehmensspezifischen Wissens sowie die Erstellung einer Übersicht relevanter Dokumente und Verträge im Unternehmen.

Hieraus wird insgesamt ein Konzept abgeleitet, dessen wesentliche Inhalte die Ausgangsbasis zur Schaffung eines Unternehmensleitbilds und einer Vision des Unternehmens bilden.

Das Unternehmensleitbild sollte von jenen Mitarbeitern getragen werden, die als Schlüsselpersonen identifiziert und entsprechenden Positionen zugeordnet werden. Unter Einbezug dieser Schlüsselpersonen werden Kompetenzbereiche, Zuständigkeiten und Anforderungen definiert. Somit wird auch der Transfer von Know-how im Unternehmen sichergestellt.

Bildung eines Führungskreises

Nach dieser durchaus auch kritischen Ist-Analyse des eigenen Unternehmens will Richard Vogel sich eingehende Gedanken über zukunftsgerichtete und klare Strukturen machen. Dazu zählen auch die zuvor identifizierten Anforderungen, die an sein potenzielles Führungsteam zu stellen sind.

In der Regel sind zahlreiche unternehmensbezogene Anforderungen an die Personen eines Führungskreises sowie dessen Zusammensetzung zu berücksichtigen. So sollte der zu besetzende Führungskreis über eine heterogene Altersstruktur verfügen, alle Unternehmensbereiche repräsentieren und technische sowie wirtschaftliche Erfahrungshorizonte gleichermaßen berücksichtigen. Potenzielle Mitglieder sollten dem Unternehmen gegenüber loyal eingestellt, engagiert und motiviert sein, Erfahrungen vorweisen können und ihre Verantwortungs- und Kompetenzbereiche präzise kennen.

Zudem spielt Vogel mit dem Gedanken, neben der Anerkennung durch Auszeichnung seiner Mitarbeiter als Führungskraft auch einen finanziellen Anreiz zu schaffen. Ein gutes Konstrukt hierfür bietet die Beteiligung am Unternehmen, die Vogel noch mit seinem Steuerberater detailliert besprechen muss.

Sukzessives Zurückziehen der Geschäftsleitung

Dem Unternehmer Vogel wird im Zuge seiner umfänglichen Überlegungen eines ganz deutlich: Durch die Bildung eines Führungskreises und des übergeordneten Beirates kann die Unternehmensnachfolge sukzessive vorbereitet und nachhaltig durchgeführt werden. Insbesondere das genaue Abstecken des zeitlichen Rahmens sowie der geplanten Meilensteine erscheinen ihm hierbei kritische Erfolgsfaktoren zu sein. Bei einer innerbetrieblichen Lösung ist es ratsam, strukturiert vorzugehen und die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, nach und nach in die neue Rolle der Führungskraft hineinzuwachsen.

Als geschäftsführender Gesellschafter und Mitglied des Beirates wird Richard Vogel auch weiterhin die Entscheidungen für das Unternehmen mitbestimmen, sich aber über die Zeit sukzessive zurückziehen.

Pro und Kontra

In seiner Auseinandersetzung mit dem Pro und Kontra einer innerbetrieblichen Nachfolgeregelung trägt Vogel schließlich folgende Argumente zusammen:

Pro: Die Bildung eines Führungskreises ermöglicht die strategisch fundierte Identifikation geeigneter Nachfolger für die Führung des Unternehmens. Damit ist auch der Grundstein für eine strategische Personalentwicklung gelegt. Die Mitarbeiter werden langfristig an das Unternehmen gebunden und ein Know-how-Verlust vermieden. Darüber hinaus kann Vogel im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit mit dem Führungskreis Einfluss auf die Wahl der potenziellen Nachfolger nehmen und diese langfristig entsprechend seiner eigenen Anforderungen qualifizieren.

Kontra: Eine innerbetriebliche Nachfolge, der die Berufung in den Führungskreis vorgeschaltet ist, kann hinsichtlich der Akzeptanz der nicht berufenen Mitarbeiter möglicherweise zu Konflikten führen. Durch die Schaffung entsprechender Leistungsanreizsysteme und die langfristige Etablierung des Führungskreises an der Seite des Geschäftsführers kann dieser Entwicklung und möglichen Akzeptanzproblemen vorgebeugt werden.

Fazit

Unternehmer Vogel ist froh, dass er durch das Gespräch mit seinem Unternehmerfreund Heise entdeckt hat, dass es neben der Nachfolge innerhalb der Familie und dem Verkauf an einen Externen noch eine weitere sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit für die Unternehmensnachfolge gibt. Er ist überzeugt, dass er mit einer strategisch geplanten internen Nachfolgeregelung durch einen Führungskreis den Fortbestand seines Unternehmens sichern kann. Da der Kaufpreis des Unternehmens im Rahmen dieses Modells von mehreren Personen getragen werden kann, ergibt sich zum einen der positive Effekt einer Risiko­minderung für die Käufer. Insbesondere überzeugt ihn aber auch, dass eine solche Nachfolge sowohl seinen Kunden als auch seinen Lieferanten und insbesondere den weiteren Mitarbeitern eine Sicherheit vermittelt, die die Position des Unternehmens sowohl im Wettbewerb als auch bei Finanzierungs- und weiteren Partnern nachhaltig positiv beeinflussen kann.

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