Artikel erschienen am 01.12.2012
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Gestaltungsmodelle zur Sicherung der Begünstigungen für das Betriebsvermögen

Bislang vom Gesetzgeber nicht gestoppt!

Von Dipl.-oec. Marco Reimann, Salzgitter

Entgegen der ursprünglichen Absicht erfolgte im Rahmen der Abstimmung über das Jahressteuergesetz 2013 keine Verschärfung des Erbschaftsteuergesetzes. Damit verstoßen die bisherigen Gestaltungsmodelle zur Sicherung der Begünstigungen für das Betriebsvermögen auch weiterhin bei der Übertragung von Privatvermögen zumindest nicht gegen den Gesetzeswortlaut. Nach derzeitiger Rechtslage werden Begünstigungen für Betriebsvermögen gewährt, wenn das Verwaltungsvermögen des Betriebes eine vorgeschriebene Quote am Gesamtbetriebsvermögen nicht übersteigt. Für eine 85%ige Steuerbefreiung (Regelverschonung) liegt die Quote bei 50 %, für eine 100%ige Steuerbefreiung (Optionsverschonung) bei 10 %.

„Cash“-Gesellschaften

Geld, Festgeld und Spareinlagen stellen nach Auffassung der Finanzverwaltung und großer Teile des Schrifttums nach derzeitigem Recht kein schädliches Verwaltungsvermögen dar. Durch die Einlage von Geldvermögen in eine gewerbliche Gesellschaft kann somit begünstigtes Betriebsvermögen geschaffen werden, auch wenn dieses das einzige Betriebsvermögen darstellt. Anstatt Barvermögen zu verschenken, das bei bereits erfolgter Inanspruchnahme der bestehenden Freibeträge in voller Höhe der Besteuerung im ErbStR unterliegt, werden Geschäftsanteile übertragen. Der Vorteil ist immens, da die Cash-GmbH im Regelfall keine oder nur wenige Angestellte hat und somit nicht unter die Lohnsummenklausel fällt und nicht über Verwaltungsvermögen verfügt, kann die Optionsregelung in Anspruch genommen werden, mit der Folge, dass eine völlige Steuerfreiheit der Schenkung erreicht wird. Auf diese Gestaltungsmöglichkeit hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem ersten Beschluss zum seit 2009 geltenden neuen Erbschaftsteuerrecht hingewiesen. Diese Art der Gestaltung ist jedoch heftiger Kritik ausgesetzt und so hat der BFH in späterer Entscheidung diese Gestaltung zum Anlass einer Fundamentalkritik am Erbschaftsteuersystem genommen. Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2013 keine Lösung gefunden. Die Kritik bleibt.

Forderungs-Gesellschaften

Immobilien, Wertpapiere und Schmuck sind grundsätzlich als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren. Um trotzdem die für Betriebsvermögen bestehenden Begünstigungsregelungen in Anspruch nehmen zu können, werden zwei Gesellschaften benötigt, also z. B. zwei GmbHs. In die eine GmbH (GmbH 1) wird das dargestellte Privatvermögen eingelegt. Anschließend kauft die zweite GmbH (GmbH 2) das gesamte eingelegte Vermögen zum Verkehrswert, wobei die Kaufpreisforderung durch die GmbH 1 gestundet wird.

Die GmbH 1 besitzt nur eine Kaufpreisforderung in ihrem Betriebsvermögen. Diese stellt jedoch kein Verwaltungsvermögen dar. Die GmbH 2 verfügt zwar ausschließlich über Verwaltungsvermögen, dem steht jedoch die Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber, sodass der Unternehmenswert dieser Gesellschaft 0 Euro beträgt. Werden nun die Anteile an beiden Gesellschaften übertragen, so kann dies völlig steuerfrei erfolgen, da auch in diesem Fall die Optionsregelung in Anspruch genommen werden kann.

Voraussetzungen für die Steuerbegünstigungen von Betriebsvermögen oder wann schnappt die Steuerfalle zu?
Die großzügig gewährten Steuerbegünstigungen des Fiskus für das übertragene Betriebsvermögen bei den o. g. Beispielen werden jedoch nur bei der Beachtung der Lohnsummenklausel im Falle der Beschäftgigung von mehr als 20 Personen einer Gesellschaft und der Behaltensfrist von sieben Jahren in voller Höhe gewährt.

Ein Gestaltungsansatz für die Lohnsummenklausel liegt in der Trennung von Betriebsvermögen und Beschäftigten in verschiedenen Betriebsvermögen. Vor der Übertragung der Anteile an den Gesellschaften erfolgt die Überführung des Betriebsvermögens in eine sog. Besitzgesellschaft, welche weniger als 20 Beschäftigte hat und von der Lohnsummenregelung ausgenommen ist. Die weiteren Beschäftigten bleiben in einer sog. Betriebsgesellschaft angestellt. Diese Gesellschaft besitzt kein oder kaum Betriebsvermögen und hat somit nur einen geringen Steuerwert. Somit erfolgt die Trennung des werthaltig begünstigten Vermögens vom Risiko der Lohnsummenschwankung.

Fazit

Inwieweit die Regelungen der Betriebsvermögensbegünstigungen bei Erbschaften und Schenkungen erhalten bleiben, ist insbesondere vor dem Hintergrund der Bedenken des Bundesfinanzhofes zu einer möglichen Verfassungswidrigkeit dieses Rechts fraglich. Die Entscheidung darüber ist jedoch dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Die dargestellten Gestaltungen mögen zwar aktuell formal nicht gegen die geschriebenen Gesetze verstoßen. Welche Folgen ein Urteil des Verfassungsgerichts oder eine gesetzliche Änderung auf jetzt noch vorgenommene Gestaltungen im oben beschriebenen Sinn hat, lässt sich bislang nicht vorhersagen.

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