Artikel erschienen am 23.02.2017
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Einsen und Nullen

Chancen und Risiken der Digitalisierung im Steuerwesen

Von Raphael Kammer B.A., Hamburg

Wie rasend schnell sich die Welt verändert, ist mittlerweile bei den meisten Menschen angekommen. Was das für sie persönlich bedeutet, darüber haben viele noch nicht mit dem nötigen Ernst nachgedacht. Studien zufolge sehen nur etwa 10 % aller Arbeitnehmer ihren Job durch die Digitalisierung als gefährdet an. Nur ca. jedem Vierten ist die sogenannte „Industrie 4.0“ ein Begriff. Die Zeiten stehen günstig für Schwarzmaler und Konservative, und die Medien tragen ihren Teil zur allgemeinen Verunsicherung bei.

Gerade in höherqualifizierten Berufen gehen viele Arbeitnehmer auch heute noch davon aus, dass sich ihr Job in den nächsten Jahren gar nicht oder nur sehr wenig verändern wird. Sogar im computerdominierten Finanzgewerbe sehen immer noch 80 % der Arbeitnehmer ihren Job als sicher an. Fakt ist jedoch, dass sich ein Großteil der Berufe nicht nur schnell, sondern auch drastisch verändern wird. Das gilt für einen Börsenmakler genau so, wie für eine Lehrerin. Trotzdem muss niemand Angst haben, dass Maschinen den Menschen gänzlich ersetzen. Zwischenmenschlicher Kontakt wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen.

Um die Effizienz der Steuererhebung zu erhöhen, wurden seitens der Finanzverwaltung schon viele Prozesse im Zusammenhang mit der Steuerdeklaration auf elektronische Datenübertragung umgestellt. Seit dem Veranlagungszeitraum 2011 sind Personen, die Gewinn­einkünfte erzielen, zur elektronischen Übermittlung der Jahressteuererklärungen verpflichtet. Die elektronische Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen ist bereits seit dem Jahr 2005 verpflichtend. Für Wirtschaftsjahre ab 2012 sind auch Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen elektronisch zu übermitteln. Nach erfolgter Veranlagung wird der Steuerbescheid für einen elektronischen Abruf bereitgestellt. Für die Einkommensteuerveranlagung wurde mit Einführung der so genannten „vorausgefüllten Steuererklärung“ ein weiterer Schritt zu einem vollautomatischen, elektronischen Steuerverfahren eingeführt.

Der Fiskus macht sich diese Digitalisierung zu Nutze: Die elektronische Bereitstellung der Daten ermöglicht effizientere Auswertungs- und Verprobungsmöglichkeiten. Darüber hinaus geht der Trend hin zur Selbstveranlagung durch die Steuerpflichtigen (wie bereits bei der Umsatz- und Lohnsteuer). Die Originalbelege müssen allerdings weiterhin aufbewahrt und auf Nachfrage dem Finanzamt vorgelegt werden können.

Bei Unternehmen bindet der Prozess der Besteuerung viele Kapazitäten. Inwiefern durch den stetig wachsenden Grad der Digitalisierung und den damit verbundenen, steigenden Anforderungen zukünftig auch mit Erleichterungen für die Steuerpflichtigen zu rechnen ist, bleibt abzuwarten. Bisher ist zumindest eher eine Erleichterung der Arbeitsorganisation der Finanzverwaltung zu erkennen. Diese Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Steuerberatern und Ihren Mandanten. Viele lang eingespielte Prozesse sind davon betroffen. Z. B. müssen elektronische Übermittlungsmethoden für hoch sensible Daten angepasst werden oder ein kompletter Umstieg auf ein digitales Belegwesen erfolgen.

Um diesen Übergang zu optimieren, sollte demnach möglichst früh mit Geschäftspartnern eine Umstellung von Papier- auf elektronische Rechnungen vereinbart werden. Das Ablagesystem der gescannten Papierbelege kann ebenfalls neu strukturiert und beschleunigt werden. Eine detaillierte Ordner-Struktur ist nicht mehr erforderlich, da durch die Digitalisierung neue – effizientere – Suchfunktionen zur Verfügung stehen.

Langfristig wird die dazu aufgewendete Zeit also um ein Vielfaches durch ihren Nutzen ausgeglichen, denn ist ein digitales Belegarchiv erst einmal aufgebaut, stehen die Dokumente für alle betrieblichen Prozesse zur Verfügung. Außerdem ermöglicht ein digitalisiertes Belegwesen mehr Transparenz, sowie die revisionssichere, gesetzeskonforme Dokumentation verschiedener Versionen und Bearbeitungsstände.

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